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Gastbeitrag - Erste Hilfe nach einer Affäre

Untreue? Seitensprung? Wie es weitergehen kann...

Foto eines Paares, das sich nichts zu sagen hat.
Quelle: AdobeStock

Wo beginnt fremdgehen?

Beim Küssen? Beim Sex? Oder zählt auch das Schauen von Pornos dazu? Oder der Flirt mit dem*r Arbeitskolleg*in? Handelt es sich um Betrug, wenn die Dating-App nicht gelöscht wurde? Wie schaut es mit Kontakt zum*r Ex aus? Eine Massage mit Happy Ending – ist das Untreue? Ist das Chatten und der Austausch von Fotos ein Seitensprung? Und was ist mit Fantasie und Träumen? Kann man im Kopf fremdgehen? Eins ist klar: Jeder definiert Untreue anders. Es existiert kein allgemein gültiges Gesetz, das uns Regeln vorgibt. Hinzu kommt, dass sich der Umgang mit Seitensprüngen über die Jahrhunderte hinweg verändert hat. Was früher selbstverständlich war, ist heute ein no-go.


Jetzt wirst du dich bestimmt fragen, was das für deine Beziehung bedeutet? Sprich mit deinem*r Partner*in darüber. Legt eure eigenen Regeln fest. Jeder von euch hat ganz persönliche Grenzen und individuelle Erfahrungen, die ihr mit in die Beziehung bringt. Erfragt – möglichst frühzeitig in eurer Beziehung – eure Vorstellungen rund um (Un)Treue. So vermeidet ihr unbeabsichtigte Verletzungen.


Was Untreue auszeichnet:

Egal ob Vertrauensbruch, Affäre oder Seitensprung, die folgenden drei Punkte sind immer präsent:

1. Es wird etwas geheim gehalten.

2. Die Affärenpartner sind emotional involviert.

3. Es ist eine Art von sexueller Energie beteiligt. Und damit muss nicht unbedingt Sex an sich gemeint sein. Es geht um Begehren. Darum, für jemand anderen wichtig zu sein, Aufmerksamkeit zu bekommen. Sich lebendig zu fühlen und Teile von sich selbst wieder zu entdecken, die verloren geglaubt waren, denn:

Der Geist ist unser wichtigstes sexuelles Organ.

Aber was ist, wenn es bereits passiert ist? Wenn es zu einem Vertrauensbruch gekommen ist?


Kann jede Beziehung gerettet werden?

Grob gesagt gibt es zwei Arten von Affären. Jene, die einen Ausweg aus der Beziehung bieten und jene, die gar nicht so viel mit der aktuellen Partnerschaft zu tun haben. Erstere sehe ich kaum in der Paarberatungspraxis. Zweitere hingegen schon. Eine meiner Klient*innen hat es so beschrieben:

"Meine Affäre war wie ein Alarmsignal, dass uns aus der Routine gerissen hat und mich darauf aufmerksam gemacht hat, was alles auf dem Spiel steht."

Mit diesen Fragen kommen Betroffene:

Wie kann man sich wieder auf jemanden einlassen, der*die einen so verletzt hat? Wie kann man zwischen einer liebevollen und einer schädlichen Berührung unterscheiden? Wie sich wieder hingeben, ohne das Gefühl zu haben, es könnte jederzeit wieder passieren? Und: Wie kann ich meine*n Partner*in davon überzeugen, dass all das wieder möglich sein kann, wenn wir es nur versuchen?


Wie man Vertrauen wieder aufbauen kann:

Oft entsteht der Eindruck dem*r Partner*in überhaupt nicht mehr vertrauen zu können. Keine Frage – Untreue zerstört dein inneres Bild vom anderen. Viele beschreiben es so, als würden sie die Orientierung im Hier und Jetzt verlieren. Ja, manche zeigen sogar paranoide Züge. Aber keine Sorge. Das ist vollkommen normal und gibt sich wieder.

Wichtig ist: Stell all deine Fragen bzw. beantworte alle Fragen. Auch wenn es weh tut, ist es wichtig die Karten auf den Tisch zu legen. Wie bereits oben erwähnt, ist ein Merkmal der Untreue das Geheime. Durch das Frage-Antwort-Spiel, immer und immer wieder, schaffen wir diese Geheimnisse aus der Welt. Manchmal will der*diejenige, der*die den Seitensprung begangen hat, schnell weitergehen. Auch er*sie leidet und hat oftmals auch sich selbst gegenüber das Gesicht verloren, schämt sich. Scham ist allerdings ein Ich-bezogenes Gefühl. Was ihr jetzt braucht ist Stärke und Schuldeingeständnisse, und das wiederholt. Ich weiß, es ist nicht leicht permanent an die eigene Verfehlungen erinnert zu werden und dem*der Partner*in beim Leiden zusehen zu müssen... Aber: Du hast es verbockt. Die willst die Beziehung retten. Da musst du jetzt leider durch. Sag, dass es dir leid tut. Beantworte alle Fragen. Immer und immer wieder. Gebt der Sache Zeit und drängt euch nicht.

Manchmal entsteht bei dem*der Betrogenen auch der Eindruck, dem*der anderen überhaupt nicht mehr vertrauen zu können. Hier lohnt sich ein Blick in die gemeinsame Paargeschichte. Was habt ihr schon alles gemeinsam geschafft? Welche Aufgaben bewältigt ihr jeden Tag als Paar? Vertraust du ihm*ihr mit den Kindern, den Finanzen, der Haushaltsführung, der Pflege der Eltern etc.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist, dem*der Betrogenen das Gefühl zu geben, ihn*sie erneut gewählt zu haben. Vertrauen hat nicht nur etwas damit zu tun, sich sicher zu sein, dass es nicht wieder passieren wird – sondern auch damit, wieder gewählt worden zu sein. Und zwar nicht wegen dem Haus, der Kinder oder dem Geld – nein, sondern wegen dem, was die geliebt Person ausmacht.


Zusammengefasst:

- Sag, dass es dir leid tut.

- Gib Fragen Raum und Zeit.

- Schau, wo Vertrauen jetzt schon (wieder) möglich ist.

- Gib deinem*r Partner*in das Gefühl, dass du mit ihm*ihr zusammensein willst, ganz unabhängig von den Umständen.


Was kann eine Paarberatung zum Prozess einer Versöhnung und eines Vertrauensaufbaus beitragen ?

Paarberatung kann dabei helfen sich Zeit für die Partnerschaft zu nehmen, den Schmerz zu halten, Struktur zu geben und euch vor voreiligen Entscheidungen zu bewahren. Denn:

Paarberatung hilft, wenn der Alltag zur Belastung wird.
 

Sonja Bruckner, MSc

Psychologische Beratung mit dem Schwerpunkt Paar- und Sexualberatung, sowie BeTra – Beziehungstrance (Paarberatung mit Hypnose)

📍 Schwagerweg 11, 4040 Linz (Termine in Wien oder Salzburg nach Vereinbarung)


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